Mittwoch, 30. Dezember 2015


Der Einstand

Vollziehen, wovon man spricht; reflektieren, was man tut. Gewöhnlich, um sich besser zurechtzufinden, hier, um sich bestens einzufinden. Was ist der Einstand? Er ist die positive Alternative zum negativen Gegenstück, hingestellt und nicht abgeholt zu werden; im Einstand, einer ausführlichen Begrüßung, gibt der Neuankömmling eine Willenserklärung in praxi ab: >Dafür will ich einstehen!< Wofür? Nun, da er mit den Anderen in einem Raum zusammensteht, zunächst nur dafür: er wolle mit ihnen zusammenarbeiten.

So viel Gehalt also kann eine unverfängliche Handlung enthalten; was daran erinnert, woran sich philosophisches Denken entzündet und wovon es seinen Ausgang nimmt: am Selbstverständlichen, dessen fraglose Behaglichkeit,  es verstehe sich von selbst , vom Denken staunend in eine fragwürdige Beweglichkeit verselbständigt wird.

© reja 12/2015

Vielen Dank für die Einladung.

Sonntag, 27. Dezember 2015

Liegt der Welt eine blinde oder böse Macht zugrunde?

Friedrich Nietzsche


Die Vernunft der die Geschicke austeilenden Macht ist undurchsichtig, schreibt Nietzsche. Es gibt zuviel Ungerechtigkeit, Bosheit in der Welt und auch die Zufälle spielen eine große, bisweilen schlimme Rolle. Liegt dem Ganzen eine blinde oder sogar böse Macht zugrunde?

Das kann nicht sein, denn der Ursprung und das Wesen der Welt kann nicht tiefer stehen als der Menschengeist, der nach Sinn und Bedeutung sucht und offen ist fürdas Gute. Also kann die Welt insgesamt nicht bedeutungslos oder gar von einem bösen Prinzip beherrscht sein. Der Weltgrund kann nicht willkürlicher sein als der Menschengeist, der ihn ergründen will, folgert Nietzsche.

Weblink:

Friedrich Nietzsche-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Auch Martin ‪Heidegger‬ war von der schwarzen Macht angezogen

Er war von der schwarzen Macht angezogen und die Macht war stark in ihm. Auch er verfiel der dunklen Seite der Macht.

Dieser Satz trifft nicht nur auf Anakin Skywalker zu, sondern auch auf Martin ‪Heidegger‬. Zu Beginn der dreißiger Jahre schloss sich der deutsche Meisterdenker der nationalsozialistischen Bewegung an – und wurde so zum Darth Vader der modernen ‪Philosophie‬. Wie im Falle Anakins war es die Angst vor der Endlichkeit, die Heidegger auf die dunkle Seite der Macht zog.

Genau wie Anakin Skywalker vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxie, so verfiel auch Meisterdenker Heidegger einst der dunklen Seite der Macht, die ihn anzog, die er aufsog und die ihn zu verschlucken drohte  – und zwar zu Beginn der dreißiger Jahre, als er in die NSDAP eintrat und die Gestalt Hitlers als das Erwachen einer neuen, weltrettenden Macht pries.

Hat man sich erst einmal auf das Experiment eingelassen, sind die biografischen Gemeinsamkeiten zwischen dem Fall Skywalker/Vader und dem Fall Heidegger so umfassend und passgenau, dass sie zu einer eigenständigen philosophischen Untersuchung anregen. Kein Zweifel: Die Macht, sie war stark in Heidegger. Zu stark, um sich allein auf die Durchleuchtung biografischer Gemeinsamkeiten zu beschränken.

Die schwarze Macht ist eine dunkle Verführung und Heidegger ist dieser dunklen Verführung im Banne des Nationalsozialismus erlegen. Heideggers (Anakins) Weg auf die dunkle Seite der Macht direkt ins Zentrum seines Denkens, seiner Kultur, ja des Wesens der Philosophie selbst.

Weblink:

War Heidegger ein Sith? - www.philomag.de

Fehlkonstruktion einer Währungsgemeinschaft ohne politische Union

Die "Fehlkonstruktion einer Währungsgemeinschaft ohne politische Union" beklagt der Philosoph Jürgen Habermas am Dienstag in der "Süddeutschen Zeitung". Besonders an Angela Merkel übt er in der Griechenland-Frage massiv Kritik. Schon im Mai 2010 seien Merkel die "Anlegerinteressen wichtiger" gewesen "als ein Schuldenschnitt zur Sanierung der griechischen Wirtschaft", schreibt Habermas in der Zeitung.

Mit Blick auf die aktuellen Verhandlungen fährt er fort: In der Sache gehe es "um das sture Festhalten an einer Sparpolitik, die nicht nur in der internationalen Wissenschaft überwiegend auf Kritik stößt, sondern in Griechenland barbarische Kosten verursacht hat und hier nachweislich gescheitert ist."

Samstag, 19. Dezember 2015

Slavoj Žižek über die Flüchtlingskrise, Islam und Multikulturalsimus

Der slowenische Philosoph und Aktivist Slavoj Zizek ist einer der wichtigsten Denker und Kapitalismuskritiker der Gegenwart.

Krisen sind die Verzückungsspitzen des slowenischen Philosophen, denn in Krisen wird die Anfälligkeit des Kapitalismus offenbar.

Slavoj Žižek über die Flüchtlingskrise, Islam und Multikulturalismus. Slavoj Žižek diskutiert über die Paradoxien der aktuellen politischen Situation. Die Schonzeit für den Westen ist vorüber.

Nicht die Flüchtlinge gefährden unsere Gesellschaft – vielmehr bedroht das globale Kapital die gesamte Weltordnung, so seine These.

Die wahre Bedrohung für unsere westliche Lebensweise, so Zizek, sind nicht die Immigranten, sondern es ist die Dynamik des globalen Kapitalismus. Flüchtlinge sind der Preis der globalen Wirtschaft und der kolonialen Expansion, die der Hauptmotor der neueren Geschichte war. Absurderweise führt der IS jetzt wieder zusammen, was nach dem Ersten Weltkrieg von den Kolonialherren aus England und Frankreich durch Grenzen getrennt wurde.

Für Slavoj Žižek, einen der wichtigsten Denker der Gegenwart, sind Flucht und Terror die Folgen eines neuen Klassenkampfes. Welche Chance haben wir noch, uns und unsere Werte zu retten?

Weblink:

Philosoph Slavoj Žižek über Asylpolitik

Der Philosoph Slavoj Žižek sieht die Integration von Flüchtlingen als Chance für eine neue Leitkultur in Europa. Die Forderung nach offenen Grenzen kritisiert er als heuchlerisch.

Philosoph Slavoj Žižek über Flüchtlinge, Integration und Leitkultur

Deutschlands Offenheit gegenüber Flüchtlingen istfür ihn ehrlich gesagt eine positive Überraschung. Wir leben in rauen Zeiten, die Barbarei greift immer mehr um sich. Da muss sogar er als radikal Linker die Bemühungen Deutschlands anerkennen.

Allerdings, so findet der Philosoph, könnte sie noch einen Schritt weiter gehen und sehr viel brutaler die Solidarität anderer Länder in der EU einfordern, zum Beispiel von Ungarn, Kroatien oder auch von meinem eigenen Land, Slowenien, für das ich mich gerade in diesen Tagen sehr schäme. Eine europaweite Koordination der Flüchtlingspolitik ist notwendig, um eine Katastrophe zu verhindern.

Merkel hat einen Fehler gemacht: Sie hat zu lange geblufft. Die Menschen erkennen keinen Plan hinter ihrer Politik, das ist es, was ihnen Angst macht. Es klingt vielleicht zynisch, aber als Politiker sollte man immer so wirken, als hätte man einen Plan - auch und gerade dann, wenn man eigentlich keinen hat.

Žižek fragt sich zumindest, was hinter ihrer Politik steckt. Vielleicht geht es darum, der deutschen Wirtschaft mit diesen Arbeitskräften einen neuen Boom zu erschaffen. Angela Merkel müsste das der Öffentlichkeit aber mitteilen: Wir haben nicht genug Fachkräfte und können mittels vernünftiger Wirtschaftspolitik davon profitieren, dass Flüchtlinge ankommen.

Weblink:

"Merkel hat zu lange geblufft" - www.sueddeutsche.de/politik

Samstag, 12. Dezember 2015

Sozialismus reloaded?

Soziologe Axel Honneth


Hat die Idee des Sozialismus ausgedient? Trotz einer wachsenden Kritik an den Auswüchsen einer ungezügelten Wirtschaft hat der Sozialismus keine Konjunktur.

Wie ist das rapide Veralten dieser einst so faszinierenden Idee zu erklären? Der Soziologe Axel Honneth hat eine Neudefinition versucht. Für ihn stammt die Theorie des Sozialismus aus der Zeit des Industrialismus, deren Annahmen heute, im 21. Jahrhundert, keine Überzeugungskraft mehr besitzen.

Diese müssten ersetzt werden durch Bestimmungen von Geschichte und Gesellschaft, die unserem heutigen Erfahrungsstand angemessen sind. Wenn das gelänge, könne das Vertrauen in ein Projekt zurückgewonnen werden, das nach wie vor zeitgemäß wäre und auch zum Inhalt hätte, die Wirtschaft nach Maßgabe einer solidarisch verstandenen Freiheit zu gestalten.

Der Sozialismus hat dadurch, daß er an die erste Stelle die Frage nach den Entwicklungsbedingungen der unterprivilegierten Massen sezte, die größte Chance, das Problem in einer praktischen Bewegung zu lösen.