Sonntag, 25. Juni 2017

Peter Sloterdijk 70. Geburtstag

Peter Sloterdijk

Der Philosoph, Kulturwissenschaftler und Buchautor Peter Sloterdijk wurde vor 70 Jahren am 26. Juni 1947 als Sohn einer Deutschen und eines Niederländers geboren. Peter Sloterdijk gilt nicht nur als einer der wichtigsten deutschen Intellektuellen, sondern auch als ebenso risikofreudiger wie schwerverständlicher Denker am Puls der Zeit. Der Philosoph wurde 1983 mit seinem Werk »Kritik der zynischen Vernunft« zum philosophischen Shooting-Star.

Der kritisch reflektierende Denker Peter Sloterdijk gehört zu den massgeblichen intellektuellen Instanzen in Deutschland. Sloterdijk ist eine Koryphäe: rhetorisch gewandt, diskurssicher als auch feuilletonbewährt - gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Wirkung seiner Lehre und Ansichten.

Sloterdijk ist ein grosser Stilist und Querdenker, der sich immer wieder in aktuelle Debatten einmischt oder sie auch anstösst. Der Philosoph sorgt mit seinen Wortmeldungen regelmässig für Erstaunen und Aufregung. Er ist im akademischen Betrieb genauso zu Hause wie in den Feuilletons. Mit seinen Büchern hat er eine breite Leserschicht erreicht, die weit über die philosophische Fachwelt hinausreichen und ihn populär gemacht haben. Mit seinen Beiträgen und Büchern hat der streitbare Philosoph in Deutschland zahlreiche Debatten ausgelöst und angeregt.

Von 1968 bis 1974 studierte er in München und an der Universität Hamburg Philosophie, Geschichte und Germanistik. 1971 erstellte Sloterdijk seine Magisterarbeit mit dem Titel »Strukturalismus als poetische Hermeneutik«.

In den Jahren 1972/73 folgten ein Essay über Michel Foucaults strukturale Theorie der Geschichte sowie eine Studie mit dem Titel »Die Ökonomie der Sprachspiele. Zur Kritik der linguistischen Gegenstandskonstitution«. Im Jahre 1976 wurde Peter Sloterdijk von Professor Klaus Briegleb zum Thema »Literatur und Organisation von Lebenserfahrung. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte der Autobiographie der Weimarer Republik 1918-1933« promoviert.

Zwischen 1978 und 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf. Seit den 1980er Jahren arbeitet Sloterdijk als freier Schriftsteller. Das 1983 im Suhrkamp Verlag publizierte Buch »Kritik der zynischen Vernunft« zählt zu den meistverkauften philosophischen Büchern des 20. Jahrhunderts.

Seit 2001 ist Sloterdijk in Nachfolge von Heinrich Klotz Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe sowie dort Professor für Philosophie und Ästhetik.

Mit streitbaren Thesen äußert er sich regelmäßig zum aktuellen Zeitgeschehen. Im Alter weist jedoch Sloterdijks Denken nicht mehr aufklärerische Impulse früherer Tage, sondern Züge eines bewahrenden und strukturellen Konservatismus auf. Sloterdijk geht es nicht mehr um Aufklärung, sondern um Bewahrung. Verschwunden ist auch der kynische Impuls seines reflektierenden Denkens.

Er bestätigt damit unfreiwillig seine eigene These, daß Herrschaftswissen, welches zu lange an der Macht ist, irgendwann zynisch wird. Niemand schreibt bekanntlich so schlecht wie die Verteidiger alternder Ideologien.


Weblink:

Peter Sloterdijk - Der Philosoph und Autor befragt von Frank A. Meyer - 3 Sat Kulturzeit


Literatur:

Kritik der zynischen Vernunft
»Kritik der zynischen Vernunft«
von Peter Sloterdijk


Was geschah im 20. Jahrhundert?: Unterwegs zu einer Kritik der extremistischen Vernunft
von Peter Sloterdijk


Blog-Artikel:


»Was geschah im 20. Jahrhundert? Unterwegs zu einer Kritik der extremistischen Vernunft«


Peter Sloterdijk ist selbst zum Zyniker geworden


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Samstag, 17. Juni 2017

Terrorismus unter Berufung auf eine Religion

Die Religion dient häufig als Deckmantel für Taten, welche im Namen der Religion begangen werden, um sie zu überhöhen und ihnen zugleich einen tieferen Sinn und damit letztlich auch Absolution zu verleihen.

Dass sich Terroristen bei ihrem sinnlosen Morden auf eine höhere Instanz wie die Religion berufen, um ihr Handeln zu rechtfertigen, ist bedauerlich, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der Islam von seiner Religion solche terroristische Aktionen vom Glauben her weder deckt noch toleriert.

Ist islamistischer Terror ohne Berufung auf die Religion überhaupt denkbar? Wohl kaum. Der Islam hat es im Grunde selbst in der Hand, die Wurzeln des Terrors zu kappen. Er scheut jedoch davor zurück und nimmt damit in Kauf, als Religion durch Terroristen diffamiert zu werden. Dies ist eine sehr befremdende Sicht dieser Glaubensrichtung.

Würde dieser Islam solche Täter im Namen der Religion nach ihrer Tat exkommunizieren oder lediglich mit Exkommnikation bedrohen, wäre ganz schnell Schluss mit bombig!

Blog-Artikel:

Islamistischer Terror hat nichts mit Religion zu tun

»Theodizee« von Gottfried Wilhelm Leibniz - Philosophenwelt-Blog - http://philosophen-welt.blogspot.com

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Mittwoch, 14. Juni 2017

Kunst konfrontiert mit den drängenden Fragen unserer Zeit

documenta 14 in Kassel eröffnet

In Kassel ist die documenta 14 am Wochenende feierlich eröffnet worden. Die documenta 14 ist die größte zeitgenössische Ausstellung moderner Kusnt. Sie beweist: Kunst ist immer auch ein Kommentar zu der Welt, in der wir leben.

"Künstler und Künstlerinnen konfrontierten die Besucher hier unmittelbar mit den drängenden Fragen unserer Zeit", sagte Kulturstaatssekretärin Monika Grütters bei der Eröffnung der documenta 14.

Es mag tatsächlich sein, daß Kunst mit den drängenden Fragen unserer Zeit konfrontiert. Leider wird das aber nicht zu der Erkenntnis führen, dass es Kunst ist, die Menschen zum Genuß verführt.

Es ist aber durchaus auch die umgekehrte Konstellation möglich, daß Kunst von den drängenden Fragen unserer Zeit ablenkt, denn Kunst ist bekanntlich nur dem Schönen und Wahren gewidmet bzw. verpflichtet. Das Schöne und Wahre hat aber mit der Realität nur weing zu tun.

Kunst kann aber auch mit dem Denken über die drängenden Fragen unserer Zeit konfrontieren. - Wie wäre es da mal mit "Sapere aude" - "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (Immanuel Kant). Es kann nicht schaden!

Weblinks:

documenta 14 in Athen - www.documenta14.de

documenta 14 - de.wikipedia.org


Blog-Artikel:

documenta 14 in Athen eröffnet

60 Jahre documenta in Kassel

documenta wird international ausgerichtet

Weitere Beiträge getaggt mit documenta

Literatur:

documenta. Mythos und Wirklichkeit
documenta. Mythos und Wirklichkeit
von Harald Kimpel

Samstag, 10. Juni 2017

Islamistischer Terror hat nichts mit Religion zu tun

Polizisten patrouillieren auf der Westminster Bridge in London

Islamistischer Terror hat einen religiösen Kontext, zieht seine Rechtfertigung aus einem vermeintlich heiligen Krieg gegen Ungläubige. „This is for Allah“ sollen die Attentäter in London gerufen haben. Der selbsternannte Islamische Staat, der regelmäßig die Verantwortung für die schlimmsten Mordtaten übernimmt, versteht sich als religiöse Institution.

Daran ändert auch nichts, dass etliche der Täter zuvor mit ihrem Leben als Kleinkriminelle eine Spur der Gottlosigkeit durch die Gesellschaft gefurcht haben.

Islamistischer Terror hat nichts mit Religion zu tun. Religion wird von den Tätern und Täter-Organisationen gern vorgeschoben, um Gewalt und Krieg zu rechtfertigen. Dabei geht es in diesen Fällen doch immer nur um Geld und Macht. Besser gesagt: Wenn wir uns die Kriege der Vergangenheit oder insbesondere die aktuellen Konflikte im Nahen Osten genauer ansehen, dann wird deutlich, dass es um Rohstoffe und die Hoheit über dieselben geht. Das hat mit Religion nichts zu tun.

Der Terror der Islamisten hat auch nichts mit Religiosität zu tun, aber schon eher mit der Verführung der Religiösen zum Fanatismus im Auftrage des Glaubens. Religiosität dagegen, also das persönliche Leben und Erleben von Religion, ist immer schon besonders wichtig, weil ihr Fehlen zur Verrohung jeder Gesellschaft führt. Terror setzt den Willen zum Bösen voraus. Das erinnert an Schopenhauers Werk »Die Welt als Wille und Vorstellung«.

Der Islam ist ein gutes Beispiel für die Unterwerfung unter dem Willen Gottes. Die Fundamentalisten stecken dabei in der Zwickmühle: Ohne Religion lassen sich keine Jugendlichen rekrutieren und anschließend zum Terror verführen, doch schaden sie mit dem Terror dem Ansehen ihrer Religion, denn viele Menschen sind zu klug  und wissen, daß Terror nichts mit Religion zu tun hat.

Daran schließt sich auch die klassische Frage an: „Lieber Gott, warum lässt Du all so etwas zu?“ – die ganz große Theodizee-Frage nach der „Gerechtigkeit Gottes“, über die sich die Theologen und Philosophen immer schon gestritten haben. Dies ist so zu erklären: Das Böse ist eigentlich „nur“ eine Folge der menschlichen Freiheit – und die wiederum hat Gott gewollt. Wer keine Zweifel kennt, der glaubt vielleicht auch nicht richtig.

Eng mit dem Terrorismus verbunden ist - zumindest in der abendländischen Welt - auch die Theodizee-Frage nach der „Gerechtigkeit Gottes“. Konkret geht es um die Frage, warum ein Gott oder Christus das Leiden zulässt, wenn er doch die Omnipotenz („Allmacht“) und den Willen („Güte“) besitzen müsste, das Leiden zu verhindern. Der Begriff théodicée (später deutsch „Theodizee“) geht auf den Philosophen und frühen Vordenker der Aufklärung Gottfried Wilhelm Leibniz zurück.

Man kann die Theodizee als Widerspruch konstruieren, der sich aus der Annahme ergibt, dass es Übel in der Welt gibt und Gott existiert:

Gott existiert und es gibt Übel in der Welt.
Wenn Gott existiert, dann ist Gott allmächtig.
Wenn Gott allmächtig ist, dann kann Gott das Übel verhindern.
Wenn das Übel existiert, dann kann Gott das Übel nicht verhindern.
Wenn Gott existiert und das Übel existiert, dann kann Gott das Übel verhindern und nicht verhindern. (Widerspruch)
Oder: Gott existiert nicht.


Weblink:

Theodizee - de.wikipedia.org

Blog-Artikel:

»Theodizee« von Gottfried Wilhelm Leibniz - Philosophenwelt-Blog - http://philosophen-welt.blogspot.com

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Religion





Hegel und die Krise Europas

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Hegel hätte sich Europa auf drei verschiedene Weisen denken können bzw. denkend annähern können: als Staatengebilde, in der die Geschichte zur Vernunft gekommen ist  als Idee der Freiheit und als Fall der Dialektik. Mit der EU ist Europa zur Freiheit gekommen, bevor die Finanzkrise Europa erschüttert hat und Europa in die Krise geführt hat. Die Krise der EU bildet wiederum die Grundlage der Dialektik für die Synthese zu seiner Überwindung. Mit seiner Dialektik gibt Hegel Europa eine Methode zur Überwindung der Gegensätze zur Hand.

Momentan in der Krise, da Europa von Spaltung bedroht ist, sind Denker gefragt und es eignet sich keiner besser zum Bannerträger der Idee Europas als Hegel. Kerngedanke Hegels von Europa ist die Idee der Freiheit, unter dessen Gesichtspunkt hier Europa zu begreifen ist. Mit Hilfe der Dialektik lassen sich die Gegensätze Europas überwinden. Geschichte wiederholt sich, solange wie die Widersprüche nicht beseitigt sind. Ist das nicht genau die Situation, in der sich Europa heute befindet? Somit ist der Streit die Grundlage für die Synthese zu seiner Überwindung.

Der berühmte Hegel-Schüler Eduard Gans, Jurist, Rechtsphilosoph und Historiker, drückt den Kerngedanken seines Lehrers lapidar so aus: „Die Idee Europas begreifen“. Was ist denn die Idee Europas? Sie ist für Hegel identisch mit der Idee der Freiheit. Die Freiheit ist für Hegel ein dynamischer, dialektischer Prozess. Europa ist ein Kontinent der Freiheit, die sich durch Synthese von Unterschied und Einheit, durch die Harmonie in der Vielfalt ausdrückt.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Für Hegel ist die Geschichte ein Prozeß, der das Kommen der Wahrheit - des Geistes vollbringt. Nach Hegel zeigt sich dieser Geist in der Freiheit, genauer: den Freiheitskämpfen der Menschen. Nur wenn Unterdrückte um ihre Freiheit ringen, unter Umständen sogar ihr Leben dafür geben, kann Geshcichte sich vollzien, Fortschritt sich ereignen.

Die Freiheit als Grundidee Europas stellt aber keinen idyllischen Zustand dar. Ihrem Wesen nach ist sie an die Fähigkeit zum Streit und Widerspruch gebunden. Die Negation mündet jedoch nicht in die Zerstörung, sondern in eine höhere Synthese. Dabei geht es nicht darum, nach Lösungen zu suchen, die den Streit einfach beilegen würden, sondern darum, einen ganz neuen Seinszustand hervorzubringen, in dem der Widerspruch, der Konflikt, wie Hegel sagt, „aufgehoben“ wird.


Hinweis in eigener Sache:

Die zahlreichen Leser dieses Philosophie-Portals sind sich offensichtlich zu schade, ein Buch aus zahlreichen Angebot zu erwerben. Schade eigentlich.

Nachdenken ist die Stärke dieser Leser offensichtlich nicht, denn ansonsten würden sie sicherlich mal darüber nachdenken, wie sich ein solches aufwendiges Portal finanziert.

Durch bloßes Lesen resp. Begaffen der Beiträge mit Sicherheit nicht! Nicht alles im Internet, was es umsonst gibt, ist auch kostenlos. Und wer den durchaus geschätzen Lesern arbeitet heutzutage schon gern umsonst, fragt sich die Redaktion zu recht!

So verschwindet Kultur immer auch durch Nichtunterstützung der kulturell Interessierten. Ansonsten gilt hier die Devise der interessenlosen Anschauung (Kant) und des kauflosen Interesses.

Dankeschön aber auch für Ihre Kantische Sicht auf die Dinge und das Kaufangebot!

Hegels Idee der Freiheit ist dialektisch und agonal. Sie impliziert Streit und Widerspruch. Sie ist keine tote Einheit zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen. Die starre Unterwerfung des Einzelnen unter das Allgemeine ist die Unfreiheit. Der Konflikt des Verschiedenen ist die Voraussetzung dafür, dass die Versöhnung erreicht wird. Die Freiheit muss erkämpft werden durch Konflikte hindurch. Sie ist nicht einfach gegeben.

Dass das Bewusstsein der Freiheit noch nicht deren Realisierung in der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit bedeutet, wusste Hegel selbst sehr gut. Geschichte mit Hegel als Freiheitsgeschichte zu denken, bedeutet also, die jeweilige politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit kritisch vom Begriff der Freiheit und den Realisierungsmöglichkeiten der Freiheit her zu denken.

Weblink:

Es lebe der Streit! - www.faz.net

Georg Wilhelm Friedrich Hegel-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Georg Wilhelm Friedrich Hegel-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

Samstag, 3. Juni 2017

Hegel und Marx

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Hegels Lehre hatte grossen Einfluss auf die Philosophie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts, insbes. auf Karl Marx.

Er stellte die idealistische - im Sinne von Platon - Philosophie Hegles vom Kopf "auf die Füße". Er übernahm Hegels Erkenntnismethode und die Ansicht, daß die Geschichte mit ihrem Elend einem dynamischemn Prinzip gehorche, sich nach dem Gesetz des Widerspruches entwickle, sich also dialektisch auf ein bestimmtes Ziel zubewege, doch deutete er die Menschheitsgeschichte radikal anders - ohne Gott, ohne Weltgeist, ganz vom Menschen und vom materiellen Dasein her.

Neben Marx präg­te wohl kein an­de­rer Phi­lo­soph kri­ti­sche Theo­rie­bil­dung so grund­sätz­lich wie Hegel. In den aus­führ­li­chen He­gel-​Re­zep­tio­nen von Theo­re­ti­kern wie Georg Lukács, W. I. Lenin oder Theo­dor W. Ador­no, um nur ei­ni­ge zu nen­nen, fir­miert der Idea­list nicht sel­ten als „Er­gän­zung“ zu Marx, oder doch zu­min­dest als der erste kri­ti­sche Ex­po­nent der bür­ger­li­chen Auf­klä­rungs­phi­lo­so­phie, an dem kri­ti­sche Re­fle­xi­on zu schu­len wäre.

Und in der Tat scheint im He­gel­schen Den­ken be­reits eine kri­ti­sche Tie­fen­di­men­si­on ma­ni­fest, deren In­halt le­dig­lich mit an­de­ren Vor­zei­chen zu ver­se­hen, das heißt „vom Kopf auf die Füße“ zu stel­len wäre: Denn nicht nur, dass mit Hegel das dia­lek­ti­sche Den­ken in sys­te­ma­ti­scher Form auf die his­to­ri­sche Bühne tritt, auch die Tat­sa­che, dass er auf einer We­sens-​Er­schei­nungs-​Dif­fe­ren­zie­rung in­sis­tiert und in der „Phä­no­me­no­lo­gie des Geis­tes“ mit einem Sub­stanz­be­griff ope­riert, si­gna­li­siert un­mit­tel­bar die Nähe zur Marx­schen Theo­rie. Wenn man und frau sich dann noch ver­ge­gen­wär­ti­gen, dass Hegel in sei­nen frü­hen Schrif­ten den Aus­druck der „abs­trak­ten Ar­beit“ präg­te, könn­te bei­na­he ge­meint wer­den, Hegel sei „der erste Mar­xist“ ge­we­sen.

Das He­gel­sche Früh­werk ist jene frühe Phase sei­nes Wer­kes, die mit der „Phä­no­me­no­lo­gie des Geis­tes“ endet. Öko­no­mi­sche Schrif­ten He­gels sind „Sys­tem der Sitt­lich­keit“, „Je­na­er Re­al­phi­lo­so­phie“.

Fol­gen­de, für eine kri­ti­sche Theo­rie zen­tra­le Fra­gen wer­den dabei auf­ge­wor­fen:

- Abs­trak­te Ar­beit“ bei Hegel: Der An­fang einer ma­te­ria­lis­ti­schen Fe­tisch­kri­tik oder die in­tel­lek­tu­el­le Selbst­ver­ge­wis­se­rung des Geis­tes über seine ge­dank­li­che Tä­tig­keit?

- Der Sub­stanz­be­griff in der „Phä­no­me­no­lo­gie“: Kri­ti­scher To­ta­li­täts­be­griff oder Le­gi­ti­ma­ti­on des ewi­gen Geis­tes?

- Die dia­lek­ti­sche Be­we­gung bei Hegel: An­satz­punkt für eine kri­ti­sche Theo­rie oder Mys­ti­fi­ka­ti­on der Dia­lek­tik als on­to­lo­gi­sche Me­tho­de?

Sonntag, 28. Mai 2017

Die Erkenntnis der Grenzen der Realität Mensch

Gegen Demokratie
Gegen Demokratie

»Gegen Demokratie« heisst das neueste Werk des amerikanischen politischen Philosophen Jason Brennan. Brennan beklagt darin die Herrschaft der Unwissenden und plädiert darin für eine Herrschaft der Wissenden und eine informierte Demokratie bzw. eine Demokratie gut informierter Bürger. Der Autor beschreibt in seinem Buch die Erkenntnis der Grenzen der Realität Mensch.

Er stellt sinnreiche Fragen zum Zustand der Demokratie: Wie und warum konnte sich dieses Gesamtsystem so entwickeln, dass es mittlerweile um diesen Planeten in seiner Gesamtheit existenziell sogar wesentlich schlechter steht, als von der Wissenschaft bisher überhaupt erfasst werden kann und dass der Respekt und die Achtung für den Menschen und vor dem Leben fast vollständig verloren gegangen ist?

Und die Antwort, ist leider sehr einfach: Es liegt nicht nur daran, dass gierige, machthungrige, skrupel- und verantwortungslose Eliten das so gewollt haben, sondern auch daran, weil wir Menschen, die absolute Mehrheit der Zivilgesellschaft, das zugelassen und mitgemacht haben, und das immer wieder aufs Neue.

Brennan klagt in diesem Buch genau diese Realitäten an. Dass die Mehrheit der Menschen sich nach wie vor eben nicht informieren, sich nicht selbst reflektieren, nicht systemische Zusammenhänge hinterfragen, sich nicht mit den komplexen Zusammenhängen eines Systems auseinandersetzen, sich eben nicht emanzipieren und auch eine geistige Eigenverantwortung übernehmen und sich das notwendige Wissen aneignen, sondern immer wieder wie die Lemminge die Verantwortung unreflektiert und undifferenziert an andere abgeben (Stichwort: Martin Schulz-Hype).

Er bezeichnet diese Grenzen der Realität Mensch dann auch zu Recht und richtigerweise als Oberflächlichkeit, Ignoranz und Dummheit. Und damit stellt dieses Buch durchaus ein Novum dar, denn es thematisiert die Grenzen der Realität Mensch auf eine Weise, die bisher aus Gründen der politischen Korrektheit als Tabu galt.

Seine Konsequenzen, die er aus diesen Realitäten ziehen möchte und die er in diesem Buch beschreibt, sind aber grundlegend falsch. Verkürzt dargestellt, möchte er die "Dummen" dann nicht mehr zur Wahl zulassen und das ist natürlich höchst undemokratisch und sektiererisch bis diktatorisch und kann deswegen natürlich keine Lösung darstellen.

Und so beschreibt dieses Buch zwar Realitäten, die notwendige (systemische und politische) Erneuerungen immer wieder verhindern, bleibt aber angesichts systemischer Alternativen hinter einem konstruktiven Diskurs zurück.

Dabei gibt es ein Systemkonzept, das die Grenzen der Realität Mensch erkannt hat und mit ihnen in positiver und konstruktiver Weise umgehen kann: Die wert-gestufte Reflexions-Systemtheorie der Viergliederung, das Politik- und Gesellschaftssystem der Wertstufendemokratie, die nicht nur aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat, sondern auch die sprunghafte Weiterentwicklung der Demokratie selbst bedeutet.

Trotz der Untauglichkeit der in diesem Buch formulierten systemischen Alternative, ist dieses Buch sehr zu empfehlen, da es einen maßgeblichen Punkt in der ganzen Demokratiediskussion thematisiert, der ansonsten (auch aus ideologischen Gründen) vermieden wird.

Blog-Artikel:

Erasmus und Luther im Widerstreit der Interessen

»Gegen Demokratie« von Jason Brennan

»Von der Freiheit eines Christenmenschen

»Abenteuer Freiheit« von Carlo Strenger (II)