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Samstag, 30. Juli 2022

Geschichte Philosophie Jürgen Habermas

Auch eine Geschichte der Philosophie

Das neue Buch von Jürgen Habermas ist auch eine Geschichte der Philosophie. Das umfangreiche Kompendium in zwei Bänden gibt im Stil einer Genealogie darüber Auskunft, wie die heute dominanten Gestalten des westlichen nachmetaphysischen Denkens entstanden sind. Als Leitfaden dient ihm der Diskurs über Glauben und Wissen, der aus zwei starken achsenzeitlichen Traditionen im römischen Kaiserreich hervorgegangen ist.

Habermas zeichnet nach, wie sich die Philosophie sukzessive aus ihrer Symbiose mit der Religion gelöst und säkularisiert hat. In systematischer Perspektive arbeitet er die entscheidenden Konflikte, Lernprozesse und Zäsuren heraus sowie die sie begleitenden Transformationen in Wissenschaft, Recht, Politik und Gesellschaft.

Das neue Buch von Jürgen Habermas ist aber nicht nur eine Geschichte der Philosophie. Es ist auch eine Reflexion über die Aufgabe einer Philosophie, die an der vernünftigen Freiheit kommunikativ vergesellschafteter Subjekte festhält: Sie soll darüber aufklären, »was unsere wachsenden wissenschaftlichen Kenntnisse von der Welt für uns bedeuten – für uns als Menschen, als moderne Zeitgenossen und als individuelle Personen«.

Das Werk hat nicht den Anspruch, die Geschichte der Philosophie hinreichend zu behandeln. Man lasse sich vom Titel nicht täuschen: Trotz seiner 800 Seiten ist das Werk viel zu lückenhaft, um als Geschichte der Philosophie durchzugehen. Aristoteles, die Stoa und Epikur werden z.B. nicht explizit behandelt, nur hier und da erwähnt. Auch Darwin wird nur zweimal erwähnt, das gleiche Karl Popper. Solche Dinge interessieren den Autor nicht, er hat andere Intentionen. Dabei sind die Denker für die Philosophie elementar wichtig.

Im zweiten Band Luther, Hume, Kant, Hegel, nach Marx kommt schon nicht mehr viel. also eher Schlaglichter. Es handelt sich im Grunde um eine Religionsphilosophie von Habermas, ins historische gewendet. Wer sich beispielsweise noch nie mit Platon beschäftigt hat, wird auf die Nase fallen. Aus den wenigen Seiten von Habermas lässt sich diese Philosophie nicht erschließen.

Gut gefällt die Rezension von Jörg Später im Deutschlandfunk: "Mit Vorfreude und mit Spannung, aber auch mit den Mühen der Ebene. Es wird eine voraussetzungsvolle Lektüre, am besten hat man Philosophie studiert. Das Buch stützt sich auf ein überaus komplexes Gedankensystem wie schon Habermas‘ Hauptwerk, die »Theorie des kommunikativen Handelns«. Manche Passagen muss man zwei Mal lesen. Ein Stift in der Hand ist unentbehrlich. Die nüchterne Sprache, die wissenschaftliche Diktion verlangt große Konzentration."

Literatur:

Auch eine Geschichte der Philosophie: Band 1: Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen. Auch eine Geschichte der Philosophie: Band 1: Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen. von Jürgen Habermas

Samstag, 12. Juni 2021

»Theorie des kommunikativen Handelns« von Jürgen Habermas

Theorie des kommunikativen Handelns
Theorie des kommunikativen Handelns

Die Theorie des kommunikativen Handelns, das Hauptwerk von Jürgen Habermas, thematisiert die praktische und theoriekritische Bedeutung des kommunikativen Handelns für das soziale Leben der (post-)modernen Gesellschaft. Das 1981 erstmals veröffentlichte Werk setzt zunächst bei mythischen Weltbildern an, problematisiert das Sinnverstehen und untersucht Formen der Rationalisierung.

Das umfangreiche Werk enthält mit starken Bezügen auf Talcott Parsons, Thomas A. McCarthy und Niklas Luhmann eine geltungskritische Interpretation moderner Kommunikationstheorie, legt mit mehrfachen Bezügen auf Immanuel Kant, Georg W. F. Hegel und Ludwig Wittgenstein die begründende Funktion der kommunikativen Vernunft dar.


"Zwischen Kapitalismus und Demokratie besteht 
ein unauflösliches Spannungsverhältnis; 
mit beiden konkurrieren nämlich zwei entgegengesetzte 
Prinzipien der gesellschaftlichen Integration um den Vorrang."

Theorie des kommunikativen Handelns


Mit der Theorie des kommunikativen Handelns hat Jürgen Habermas den imposanten Versuch unternommen, die kritische Gesellschaftstheorie neu zu begründen. Vom Ziel der Emanzipation geleitet, will Habermas ihre normativen Grundlagen deutlicher herausarbeiten, als es die frühen Vertreter der Kritischen Theorie (v.a. Theodor W. R Adorno und Max R Horkheimer) vermochten bzw. als sie es sich wegen ihres tiefen Pessimismus noch zutrauen wollten. Diese normativen Grundlagen eines »nachmetaphysischen Zeitalters« findet Habermas in der Sprache, in den Grundvoraussetzungen und Implikationen kommunikativen Handelns.

Zwei Bände beinhalten auf weit über 1.000 Seiten kritische Auseinandersetzungen mit den Problemen u. a. der Rationalität, der Modernisierung sowie der Handlungs- und Systemtheorie. Habermas entwickelt seine eigene Theorie in kritischer Auseinandersetzung mit einigen Klassikern der Soziologie, u. a. Max Weber, George Herbert Mead (1863–1931) und Talcott Parsons (1902–79). Auf diesem Weg systematisiert er das kommunikative Handeln durch eine Universalpragmatik, die über jene Regeln und Voraussetzungen belehrt, die wir beim Sprechen automatisch und immer befolgen.

Wenn wir uns mit anderen verständigen wollen, so greifen wir auf einen vertrauten Hintergrund und Erfahrungsschatz zurück, den wir in der sog. Lebenswelt erlernt und eingeübt haben. Als wichtige Unterscheidung bestimmt Habermas die zwischen strategischem und echtem kommunikativen Handeln: das erste dient der Durchsetzung egoistischer Interessen und der Beeinflussung anderer und ist erfolgsorientiert; das zweite ist verständigungsorientiert und weiß sich den Ansprüchen auf Wahrheit, Richtigkeit und Wahrhaftigkeit verpflichtet.

Habermas bringt diese Sprechakttheorie mit einer Theorie moderner Gesellschaften zusammen. Die moderne Gesellschaft ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass sich in ihr Systeme ausdifferenzieren, die durch entsprachlichte Medien wie Geld und Macht gesteuert werden, was ihre Effizienz enorm erhöht. Die Gesellschaft bleibt gleichwohl auf die Reproduktionsprozesse der Lebenswelt angewiesen.

Wird die Lebenswelt durch die systemischen Medien zu stark beeinflusst (»kolonialisiert«), z. B in Gestalt von Verrechtlichungstendenzen, dann droht die kommunikativ strukturierte Lebenswelt samt ihres aufklärerischen, demokratischen und menschlichen Potenzials gleichsam zu verdorren. Aufgabe kritischer Gesellschaftstheorie muss es sein, solche Prozesse kenntlich zu machen und zu kritisieren.

Weblink:

Theorie des kommunikativen Handelns
Theorie des kommunikativen Handelns
von Jürgen Habermas

Dienstag, 18. Juni 2019

Jürgen Habermas 90. Geburtstag

Jürgen Habermas

Jürgen Habermas wurde vor 90 Jahren am 18. Juni 1929 in Düsseldorf geboren. Jürgen Habermas ist ein deutscher Philosoph und Soziologe. Er zählt zur zweiten Generation der Frankfurter Schule und war zuletzt Professor für Philosophie an der Universität Frankfurt am Main. Habermas ist einer der weltweit meistrezipierten Philosophen und Soziologen der Gegenwart.

Habermas, theoriebewährt, systembildend und diskursgestählt, gilt als Vertreter der »Kritischen Theorie«, eine von Hegel, Marx und Freud inspirierte Gesellschaftstheorie, deren Vertreter auch unter dem Begriff »Frankfurter Schule« zusammengefasst werden. Er war ein Schüler von Horkheimer und Adorno, dessen Wirken ausschließlich in die Nachkriegsperiode fällt. Er verknüpft so unterschiedliche philosophische Positionen wie den Marxismus und den amerikanischen Pragmatismus zu einem Theoriegebäude, das weltweit diskutiert wird.

Von 1949 bis 1954 studierte er in Göttingen, Zürich und Bonn die Fächer Philosophie, Geschichte, Psychologie, Deutsche Literatur und Ökonomie. Er lehrte unter anderem an den Universitäten Heidelberg und Frankfurt am Main sowie der University of California in Berkeley und war Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg.

Ein Stipendium brachte Habermas 1956 nach Frankfurt ans Institut für Sozialforschung. In der Zeit als Forschungsassistent bei Max Horkheimer und Theodor W. Adorno machte er sich mit den (zum Teil unter Verschluss gehaltenen) Schriften seiner beiden Direktoren und anderer Vertreter der Kritischen Theorie aus der Vorkriegszeit vertraut. Im Jahr 1964 wurde Habermas auf Horkheimers Lehrstuhl für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt berufen.

»Wo die utopischen Oasen austrocknen, breitet sich eine Wüste von Banalität und Ratlosigkeit aus.«
Jürgen Habermas


Er erlebte noch den Nationalsozialismus, befreite die "Dialektik der Aufklärung" von ihrer resignativen Perspektive und wurde zum Projektleiter der Moderne. Habermas verknüpft so unterschiedliche philosophische Positionen wie den Marxismus und den amerikanischen Pragmatismus zu einem Theoriegebäude, das weltweit diskutiert wird. Habermas legt großen Wert auf den Nachweis, in seiner Synthese von Erkenntnis- und Gesellschaftstheorie die nachgerade zwangsläufige Konsequenz aus all dem gezogen zu haben, womit die „wissenschaftliche Tradition“ von Plato bis Kant, von Schelling bis Peirce und von Gadamer bis zum Materialismus von Marx sich – letztlich erfolglos – herumgeschlagen hat. In der philosophischen Fachwelt wurde er bekannt durch Arbeiten zur Sozialphilosophie mit diskurs-, handlungs- und rationalitätstheoretischen Beiträgen, mit denen er die Kritische Theorie auf einer neuen Basis weiterführte.



Nach der dekonstruktiven Kritik der "alten" Frankfurter trat Habermas an, um trotz ihrer destruktiven Dialektik eine Basis für das Aufklärungsprojekt zu finden, es nach seinem Scheitern wiederherzustellen - eine Trümmerfrau der deutschen Philosophie gewissermaßen. Er fordert eine Ethik, die sich aus dem Diskurs ergibt.

Ausgehend von seinen Überlegungen zur Universalpragmatik entwirft Habermas ab Beginn der 1980er Jahre im Dialog mit Karl-Otto Apel seine eigene Variante einer Diskursethik. Habermas stellt sie explizit in die Tradition der Kantischen Ethik, die er jedoch gleichzeitig mit kommunikationstheoretischen Mitteln neu formulieren und ihre metaphysischen Elemente „detranszendentalisieren“ will.

Habermas ist der herausragende Denker des Nachkriegsdeutschland. Bezugspunkt seines Denkens sind nicht Länder oder Regionen, sondern die Verfassung. Habermas ist ein Verfassungspatriot. Nach dem Mauerfall von 1989 widmete sich Habermas verstärkt rechts- und staatsphilosophischen Themen. Im Jahre 1992 erschien sein Werk »Faktizität und Geltung«, das nach seiner »Theorie des kommunikativen Handelns« als sein wichtigstes Werk gilt. Es stellt „die erste ausgearbeitete Rechtsphilosophie aus dem Umkreis der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule“ dar. Er stellt die Frage, wie aus dem Diskurs heraus, Demokratie und Rechtsstaat geformt werden können.

Während Habermas die europäische Integration anfangs als eine primär ökonomische Veranstaltung zur Liberalisierung des Handels verstand, zeigte er sich im Laufe der 1980er Jahre als ein überzeugter Europäer und begleitete die Entwicklung in der Europäischen Union mit politisch engagierten Stellungnahmen, deren wichtigste und neueste in seiner jüngsten Publikation »Zur Verfassung Europas« (2011) zusammengefasst sind. Darin begreift er die EU als ein „höherstufiges politisches Gemeinwesen“, als einen „entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer politisch verfassten Weltgesellschaft“. Habermas engagiert sich immer wieder für einen gemeinsamen europäischen Weg.

Jürgen Habermas erhielt zahlreiche Ehrendoktorwürden und Preise, darunter den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (2001) und den Kyoto-Preis (2004).

Weblinks:

Das Lebenswerk des Jürgen Habermas - Wissenschaftskritik - www.wissenschaftskritik.de

Jürgen Habermas - www.famousphilosophers.org


Literatur:

Jürgen Habermas: Eine Biographie
Jürgen Habermas: Eine Biographie
von Stefan Müller-Doohm

Samstag, 18. Juni 2016

Europäische Bürgersolidariät einfordern

Anegesichts der Finanzkrise steht die Europäische Union vor neuen Herausforderungen.

Die Europäische Union muss eine europäische Bürgersolidariät einfordern und gewährleiten können, wenn sie in der Krise bestehen und die Unterschiede in der EU begrenzen will.


So glaube ich nicht, dass wir als Europäer Begriffe wie Moralität und Sittlichkeit, Person und Individualität, Freiheit und Emanzipation… ernstlich verstehen können, ohne uns die Substanz des heilsgeschichtlichen Denkens jüdisch-christlicher Herkunft anzueignen.


Jürgen Habermas (1929)


Die europäische Bürgersolidariät verlangt weniger ein gleich hohes Wohlstandsniveau als vielmehr für alle gleichermaßen verbindliche Spielregeln.

Auch die Europäische Union müsse, so verlangt es Habermas, gewährleisten, was das Grundgesetz die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse nennt.

Samstag, 13. Februar 2016

Habermas-Kritik an Europa

In seinem Essay »Zur Verfassung Europas« weiß der Autor sehr wohl, dass dem Europa-Gebilde gemeinsame "soziale und kulturelle Rechte" fehlen. Und kritisiert deshalb gründlich jene Politik, "die vorgibt, den Bürgern ein selbstbestimmtes Leben primär über die Gewährleistung von Wirtschaftsfreiheiten garantieren zu können".

Doch schon bei der Forderung nach der Präzisierung der Menschenrechte in einer zu ändernden europäischen Verfassung, gelingt im eine mediokre Formulierung von richtungsweisender Schwäche für das Gesamtwerk:

"Jede Abschiebung eines Asylbewerbers . . ., jedes kenternde Schiff mit Armutsflüchtlingen . . . ist eine weitere beunruhigende Frage an die Bürger des Westens."

Wo ein bescheidener Verstand geglaubt hätte, das diese Vorgänge eine Sauerei wären und den Menschenrechte feind, sieht der Philosoph erstmal Fragen. Es ist ein Schwanken zwischen demokratischer Vernunft und feigem Kompromiss, der die jüngste Arbeit des großen Intellektuellen prägt.

So auch, wenn er kühl und richtig sieht, das die Menschenrechtspolitik des Westens nicht selten nur ein Feigenblatt zur Durchsetzung von Großmachtinteressen ist und die "Kollateralschäden" beklagt, zum anderen aber seine Kritik mit einer sonderbaren Sorge bestückt: "Noch haben die intervenierenden Mächte in keinem Fall bewiesen, dass sie die Kraft und Ausdauer zum state-building . . . aufbringen."

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Fehlkonstruktion einer Währungsgemeinschaft ohne politische Union

Die "Fehlkonstruktion einer Währungsgemeinschaft ohne politische Union" beklagt der Philosoph Jürgen Habermas am Dienstag in der "Süddeutschen Zeitung". Besonders an Angela Merkel übt er in der Griechenland-Frage massiv Kritik. Schon im Mai 2010 seien Merkel die "Anlegerinteressen wichtiger" gewesen "als ein Schuldenschnitt zur Sanierung der griechischen Wirtschaft", schreibt Habermas in der Zeitung.

Mit Blick auf die aktuellen Verhandlungen fährt er fort: In der Sache gehe es "um das sture Festhalten an einer Sparpolitik, die nicht nur in der internationalen Wissenschaft überwiegend auf Kritik stößt, sondern in Griechenland barbarische Kosten verursacht hat und hier nachweislich gescheitert ist."

Samstag, 27. Juni 2015

Habermas: Merkels Griechenland-Politik ist ein Fehler

"Nicht Banken, sondern Bürger müssen über Europa‬ entscheiden, das fordert der berühmte Philosoph Jürgen ‪Habermas‬. Angela Merkel habe die Krise mitverursacht. Der Kanzlerin seien die Anlegerinteressen wichtiger als die Sanierung der griechischen Wirtschaft."

Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes wirft ein grelles Licht auf die Fehlkonstruktion einer Währungsgemeinschaft ohne politische Union. Alle Bürger mussten im Sommer 2012 Mario Draghi dafür dankbar sein, dass er sie mit einem einzigen Satz vor den desaströsen Folgen eines unmittelbar drohenden Kollapses ihrer Währung bewahrt hat.

»Stehen Frauen an der Spitze der Regierung, so ist der Staat in Gefahr, denn sie handeln nicht nach den Anforderungen der Allgemeinheit, sondern nach zufälliger Neigung und Meinung.«

Georg Friedrich Wilhelm Hegel

Mit der Ankündigung, notfalls Staatsanleihen in unbegrenzter Höhe anzukaufen, hatte er für die Euro-Gruppe die Kastanien aus dem Feuer geholt. Er musste vorpreschen, weil die Regierungschefs unfähig waren, im europäischen Gemeininteresse zu handeln; sie blieben ihren jeweils nationalen Interessen verhaftet und verharrten in Schockstarre.

Man ist versucht zu sagen, das Recht der Europäischen Verträge muss von deren Hütern nicht direkt gebeugt, aber doch gebogen werden, um von Fall zu Fall missliche Konsequenzen jener Fehlkonstruktion der Währungsgemeinschaft auszubügeln, die - wie Juristen, Politologen und Ökonomen seit vielen Jahren immer wieder nachgewiesen haben - nur durch eine Reform der Institutionen behoben werden kann.

Weblinks:

<a href="http://www.sueddeutsche.de/kultur/europa-sand-im-getriebe-1.2532119" target="blank">Habermas: Warum Merkels Griechenland-Politik ein Fehler ist</a> - www.sueddeutsche.de/kultur

<a href="http://www.nachdenkseiten.de/?p=26499" target="blank">Kritik an Habermas‘ SZ-Artikel „Warum Merkels Griechenland-Politik ein Fehler ist“</a> - www.nachdenkseiten.de

<a title="»Zur Verfassung Europas: Ein Essay« von Jürgen Habermas" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/351806214/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="Zur Verfassung Europas: Ein Essay" src="http://ecx.images-amazon.com/images/I/310txNESwOL._SL500_PIsitb-sticker-arrow-big,TopRight,35,-73_OU03_SS115_.jpg" width="57" border="0"/><br />Zur Verfassung Europas: Ein Essay </a> von Jürgen Habermas
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Sonntag, 4. Januar 2015

Kommerzialisierung von Medien

Der Philosoph Jürgen Habermas ist auch als Medienkritiker bekannt. Jürgen Habermas hat die spätestens im 19. Jahrhundert durchgesetzte Kommerzialisierung von Medien so beschrieben:

„Schon an jener frühen Penny-Presse lässt sich beobachten, wie sie für die Maximierung ihres Absatzes mit einer Entpolitisierung des Inhaltes zahlt (…). Die journalistischen Grundsätze der Bildzeitung haben eine ehrwürdige Tradition.“ 

Der Philosoph beschreibt den medialen Boulevard als „mixtum compositum eines angenehmen und zugleich annehmlichen Unterhaltungsstoffs, der tendenziell Realitätsgerechtigkeit durch Konsumreife ersetzt und eher zum unpersönlichen Verbrauch von Entspannungsreizen verleitet als zum öffentlichen Gebrauch der Vernunft anleitet.“

Seine Medienkritik richtet sich gegen die immer stärker werdende Kommerzialisierung. Habermas schrieb schon 1962 über die Medien:

„Im Maße ihrer Kommerzialisierung und der ökonomischen, technologischen wie organisatorischen Konzentration sind sie aber während der letzten hundert Jahre zu Komplexen gesellschaftlicher Macht geronnen, so dass gerade der Verbleib in privater Hand die kritischen Funktionen der Publizistik vielfach bedrohte.“
 
Bis heute fordert der große Philosoph als einer von ganz Wenigen eine öffentliche Verantwortung für die Informationsversorgung der Bevölkerung (für die es sicher bessere Organisationsformen gäbe als beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen).

Weblink:

„Lügenpresse“- das Unwort des Jahres - www.nachdenkseiten.de

Samstag, 21. Juni 2014

Jürgen Habermas - Eine Biographie

Jürgen Habermas

Philosophischer Meisterdenker und öffentlicher Intellektueller, ein beiden Rollen höchstes Ansehen zu genießen, gebührt nur ganz wenigen. Jürgen Habermas ist einer von ihnen.

Nach mehrjährigen Forschungen, intensiver Recherche und ausführlichen Gesprächen mit Weggefährten, Zeitzeugen sowie mit Habermas selbst legt Stefan Müller-Doohm zwei Tage vor dem 85. Geburtstag des philosophischen Meisterdenkers die erste umfassende - im Suhrkamp-Verlag erschienene - Biographie des bedeutendsten Intellektuellen unserer Zeit vor.

Sie beleuchtet sowohl das Zusammenspiel von philosophischer Reflexion und intellektueller Intervention als auch das Wechselverhältnis von Lebens- und Werkgeschichte vor dem Hintergrund historischer Ereignisse.

Deutlich wird so das Bild eines einzigartigen Denkers, zu dessen wichtigsten philosophischen Errungenschaften eine Theorie verständigungsorientierten Handelns gehört, der aber dann, wenn er den Eindruck gewinnt, dass die Gesellschaft hinter ihren Möglichkeiten zur Gestaltung freier und gerechter Lebensverhältnisse zurückbleibt, zum unnachgiebigen Kritiker wird.


»Jürgen Habermas bleibt das leuchtende Beispiel eines Mannes, der die Rolle des Bürgers und die des Philosophen in überragender Weise vereint.«
Charles Taylor

Literatur:

Jürgen Habermas: Eine Biographie
Jürgen Habermas: Eine Biographie
von Stefan Müller-Doohm

Mittwoch, 18. Juni 2014

Jürgen Habermas 85. Geburtstag

Jürgen Habermas

Jürgen Habermas wurde am 18. Juni 1929 in Düsseldorf geboren und feiert seinen 85. Geburtstag. Habermas, theoriebewährt und diskursgestählt, gilt als Vertreter der Kritischen Theorie, eine von Hegel, Marx und Freud inspirierte Gesellschaftstheorie, deren Vertreter auch unter dem Begriff Frankfurter Schule zusammengefasst werden. Er war ein Schüler von Horkheimer und Adorno, dessen Wirken ausschließlich in die Nachkriegsperiode fällt.

Von 1949 bis 1954 studierte er in Göttingen, Zürich und Bonn die Fächer Philosophie, Geschichte, Psychologie, Deutsche Literatur und Ökonomie. Er lehrte unter anderem an den Universitäten Heidelberg und Frankfurt am Main sowie der University of California in Berkeley und war Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg.

Ein Stipendium brachte Habermas 1956 nach Frankfurt ans Institut für Sozialforschung. In der Zeit als Forschungsassistent bei Max Horkheimer und Theodor W. Adorno machte er sich mit den (zum Teil unter Verschluss gehaltenen) Schriften seiner beiden Direktoren und anderer Vertreter der Kritischen Theorie aus der Vorkriegszeit vertraut. Im Jahr 1964 wurde Habermas auf Horkheimers Lehrstuhl für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt berufen.


»Wo die utopischen Oasen austrocknen, breitet sich eine Wüste von Banalität und Ratlosigkeit aus.«

Jürgen Habermas


Er erlebte noch den Nationalsozialismus, befreite die "Dialektik der Aufklärung" von ihrer resignativen Perspektive und wurde zum Projektleiter der Moderne. Habermas verknüpft so unterschiedliche philosophische Positionen wie den Marxismus und den amerikanischen Pragmatismus zu einem Theoriegebäude, das weltweit diskutiert wird. In der philosophischen Fachwelt wurde er bekannt durch Arbeiten zur Sozialphilosophie mit diskurs-, handlungs- und rationalitätstheoretischen Beiträgen, mit denen er die Kritische Theorie auf einer neuen Basis weiterführte.

Nach der dekonstruktiven Kritik der "alten" Frankfurter trat Habermas an, um trotz ihrer destruktiven Dialektik eine Basis für das Aufklärungsprojekt zu finden, es nach seinem Scheitern wiederherzustellen - eine Trümmerfrau der deutschen Philosophie gewissermaßen. Er fordert eine Ethik, die sich aus dem Diskurs ergibt.

Nach dem Mauerfall von 1989 widmete sich Habermas verstärkt rechts- und staatsphilosophischen Themen. Im Jahre 1992 erschien sein Werk »Faktizität und Geltung«, das nach seiner »Theorie des kommunikativen Handelns« als sein wichtigstes Werk gilt. Es stellt „die erste ausgearbeitete Rechtsphilosophie aus dem Umkreis der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule“ dar.

Während Habermas die europäische Integration anfangs als eine primär ökonomische Veranstaltung zur Liberalisierung des Handels verstand, zeigte er sich im Laufe der 1980er Jahre als ein überzeugter Europäer und begleitete die Entwicklung in der Europäischen Union mit politisch engagierten Stellungnahmen, deren wichtigste und neueste in seiner jüngsten Publikation „Zur Verfassung Europas“ (2011) zusammengefasst sind. Darin begreift er die EU als ein „höherstufiges politisches Gemeinwesen“, als einen „entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer politisch verfassten Weltgesellschaft“. Habermas engagiert sich immer wieder für einen gemeinsamen europäischen Weg.

Jürgen Habermas erhielt zahlreiche Ehrendoktorwürden und Preise, darunter den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (2001) und den Kyoto-Preis (2004).


Weblinks:

Das Lebenswerk des Jürgen Habermas - Wissenschaftskritik - www.wissenschaftskritik.de

Jürgen Habermas - www.famousphilosophers.org


Literatur:

Jürgen Habermas: Eine Biographie
Jürgen Habermas: Eine Biographie
von Stefan Müller-Doohm

Samstag, 24. Mai 2014

Jedem europäischen Land sein eigenes inneres Brüssel

Europäsiches Parlament

Was stellt Europa eigentlich mit uns, den Bürgern Europas, an - soweit wir uns überhaupt als solche fühlen, und nicht nur als Deutsche, Italiener oder Griechen? Denn im Prozess der europäischen Integration zu immer mehr Demokratie sollen wir ja zunehmend beides sein, nationale Staatsbürger und europäische Unionsbürger.

Das verlangt Jürgen Habermas, nicht zum ersten Mal, in seiner im Suhrkamp Verlag herausgekommenen Schrift "Zur Verfassung Europas": "Auf der europäischen Ebene soll der Bürger gleichzeitig und gleichgewichtig sowohl als Unionsbürger wie auch als Angehöriger eines Staatsvolkes sein Urteil bilden und politisch entscheiden können. Jede Bürgerin nimmt an den europäischen Meinungs- und Willensbildungsprozessen sowohl als einzelne autonom 'ja' oder 'nein' sagende Europäerin wie als Angehörige einer bestimmten Nation teil.

So die Forderung für einen Verfassungsbildungsprozess, der sich nach der optimistischen Erwartung von Habermas seine Bürger erst schaffen muss, aber auch wird. Dass es dabei zu Problemen kommen kann, übersieht der Philosoph keineswegs: "Was innerhalb eines Nationalstaates als eine Gemeinwohlorientierung zählt, verwandelt sich auf der europäischen Ebene in eine partikulare, auf das eigene Volk beschränkte Interessenvertretung, die mit jener europaweiten, in ihrer Rolle als Unionsbürger erwarteten Interessenverallgemeinerung in Konflikt geraten kann."

Europa als einigendes Subjekt - Geheilt werden soll dieser Konflikt durch eine demokratisch höher integrierte Verfassung - im Klartext geht es um ein den Regierungen gleichberechtigtes Parlament - die es den Bürgern erlauben soll, ihre beiden "Rollenaspkete" ausgewogen zu verwirklichen. Am Ende bildet dann jedes demokratische Subjekt sein eigenes inneres Brüssel oder Straßburg aus, in dem wohlabgewogene Entscheidungen zwischen nationalem Interesse und europäischer Solidarität getroffen werden - etwa bei europäischen Wahlen und gestützt durch einen auf ganz Europa aufmerksamen Medienkonsum.

Weblink:

Zur Verfassung Europas
Zur Verfassung Europas
von Jürgen Habermas Zeitungsartikel: Unseres inneres Brüssel SZ - Feuilleton, Samstag, Sonntag, 26./27.November 2011, Seite 15

Samstag, 17. Mai 2014

Zur Verfassung Europas - Ein Essay von Jürgen Habermas

In seinem Essay mit dem zweideutigen Titel "Zur Verfassung Europas" betrachtet Jürgen Habermas die Europäische Integration als Zwischenschritt zu einer politisch verfassten Weltgesellschaft. Der "einzige konstruktive Ausweg" aus der aktuellen Krise liege in der lakonischen Formel "mehr Europa" begründet, wobei gleichzeitig eine "transnationale Demokratie" auf europäischer und letztlich auch auf globaler Ebene einzuführen sei.

Habermas Essay ist ein Versuch der Legitimation des europäischen Gedankens. Habermas liefert hierin eine Legitimation der europäischen Solidargemeneischaft, nicht jedoch ohne auf die derzeit existierenden Schwächen der europäischen Konstruktion hinzuweisen. Habermas kritisiert die "Schreckstarre" an der Schwelle von der ökonomischen zur politischen Einigung Europas.

Europäsiches Parlament

Der EU würden "die Kompetenzen fehlen, um für die notwendige Harmonisierung der in ihrer Wettbewerbsfähigkeit drastisch auseinanderdriftenden nationalen Ökonomien" zu sorgen. Da "die globalisierten Märkte der Politik davoneilen", werde es zunehmend schwerer, für die soziale Sicherheit der breiten Bevölkerung zu sorgen. Laut Habermas sollen die Mitgliedstaaten der EU und UNO "beginnen, sich nicht länger als souveräne Mächte, sondern als solidarische Mitglieder der internationalen Gemeinschaft zu verstehen".

Es ist sehr erfreulich, dass sich ein führender Intellektueller so entschieden für transnationale Demokratie bis hin zur Einrichtung eines Weltparlaments ausspricht. Die Argumente dafür, dass dies einen praktikablen Ausweg aus der gegenwärtigen Euro-Krise und vielen anderen Problemen darstellt, sind überzeugend.

Weblink:
Zur Verfassung Europas
Zur Verfassung Europas
von Jürgen Habermas

Samstag, 24. März 2012

Habermas und der Historische Materialismus

Seit dem Ausbruch der Weltfinanzkrise 2008 ist die Kapitalismus-Kritik von Karl Marx und Friedrich Engels von neuem ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Durch die gegenwärtige Systemkrise des globalisierten Kapitalismus gewinnt auch der Historische Materialismus Marx´ und Engels´ neue Aktualität.

Der Philosoph Jürgen Habermas hat bis zum Ende der 70er Jahre dezidiert an ihn angeknüpft. Er baute das Basis/Überbau-Theorem zu einer Theorie der sozialen Evolution aus und reformulierte das Programm der Einheit von Theorie und Praxis im Rückgriff auf die ältere Frankfurter Schule.

Seine kommunikationstheoretischen Ansätze, die er in Zusammenarbeit mit Karl-Otto Apel entwickelte, sollen ein zentrales Defizit des traditionellen Marxismus – das Fehlen einer Theorie demokratischer Institutionen – beheben.

Auf einer Tagung an der Universität Wuppertal haben Vertreter verschiedener Disziplinen mit Jürgen Habermas über seine Rekonstruktion des Historischen Materialismus diskutiert. Durch die Mitwirkung von Karl-Otto Apel und Agnes Heller wurden Grundfragen der Habermas’schen Kommunikationstheorie und ihre Rolle in der Geschichte des westlichen Marxismus in die Diskussion einbezogen. Was den Band von sonstigen Tagungsbänden abhebt, sind die Entgegnungen von Jürgen Habermas sowie repräsentative Ausschnitte aus der öffentlichen Diskussion.
Habermas und der Historische Materialismus



Weblinks:

Konzept - Habermas-Tagung an der Universität Wuppertal

Sich im Unbehaglichen einrichten Kontroverse Habermas-Tagung in Wuppertal - www.taz.de

Samstag, 18. Juni 2011

Habermas liest Europa die Leviten

Der Philosoph und überzeugte Europäer Jürgen Habermas sprach jüngst in einem Vortrag der der Humboldt-Universität in Berlin über die Krise der Europäischen Union - nicht ohne sein Unbehagen über das Handeln der Europäer zum Ausdruck zu bringen. Sein Beitrag zur Krise und seine Gedanken fallen in ihrer Diagnose recht nüchtern aus.

Europa verharre gerade in einer Schreckstarre, die jegliche Einigung wie eine Denkblockade verhindere – nicht nur weil uns ein Selbstbewusstsein als europäische Volksgemeinschaft noch fehle, sondern weil sich nach dem Auflösen der Nationalstaatlichkeit die Grundstimmung ausgebreitet habe, Brüssel sei ein fremder Steuerungsapparat und nicht Ausdruck des eigenen politischen Willens. Geworfen ins "Meer der Finanzströme" klammerten sich nun alle "fest an ihre eigene von Überschwemmung bedrohte Insel nationaler Macht".

Klingt diese Metaphorik des Ausgesetzseins und sprachlosen Unbehagens am Ende einer Woche, die eine drastische Krise des Euro erlebte, nicht eigenartig zeitlos? - Es gehört zur Praxis von Habermas' Theorie des kommunikativen Handelns, politische Entwicklungen kleinteilig abstrahierend zu durchdringen, Philosophie also als Denken im Wandel zu verstehen, nicht als dahingeklotzte Großtheorie.

Weblink:

Philosoph Habermas liest Europa die Leviten - www.welt.de/kultur